Bürgerinitiative

Oberursel Nord

Stellungnahme Wolfgang Schaupensteiner zur Offenlegung Bebauungsplan 238

| Keine Kommentare

Sehr  geehrte Frau Bürgermeisterin Runge,

zum Bebauungsplan 238 „Siedlungslehrhof“ möchte ich mich aus Anlass der zweiten Offenlage wie folgt äußern:

Die geplante Versiegelung einer Grünfläche von über 11.000 qm mit wertvollem altem Baumbestand mit Gebäuden, Straßen, Wegen und Kanalisation zum Nutzen eines privaten Bauträgers kann nicht hingenommen werden.
Neubauten dürfen vorrangig nur auf bereits versiegelten und infrastrukturell erschlossenen Flächen realisiert werden – überall wo möglich sind Flächen zu entsiegeln!

Kein Ausbau des bestehenden Reitbetriebs auf dem Gelände des Siedlungsförderungsvereins zu einem Reitsportzentrum mit Läden und gastronomischen Einrichtungen!

Es fehlt jeder Nachweis, dass bei gleichbleibender Nutzung des Reitbetriebs durch den Pächter „Reiten pro Pferd“ über die bestehenden Betriebswohnungen hinaus ein Bedarf für zwei Häuser (!) an der Neuhausstraße mit bis zu 14 (!) Betriebswohnungen besteht. Wohnhäuser sind an dieser Stelle nicht zulässig. In Betriebswohnungen dürfen sich ausschließlich nur Personen aufhalten, die für die Durchführung des Reitsports erforderlich sind. Damit sind Familienangehörige von der Bewohnung ausgeschlossen.

Die in dem B-Plan festgeschriebenen Ausbaumöglichkeiten führen zu einer erheblichen Zunahme des privaten und gewerblichen Verkehrs in den angrenzenden Wohngebieten.
Veranstaltungen auf dem Gelände des Vereins rufen nach dem Verkehrsgutachten „eine Nachfrage im ruhenden Verkehr hervor, die weder im Straßennetz noch auf dem Betriebsgelände abgefangen werden kann“. Das Gutachten errechnet mindestens 170 Stellplätze für Besucher von Veranstaltungen, was zu einem wilden Parken in den Anliegerstraßen führen wird. Der Verkehr wird infolge der geplanten gastronomischen Einrichtungen und Läden (z.B. Bauernladen mit Bio-Produkten) zu einer starken Zunahme von Besuchern auch außerhalb von Veranstaltungen und insbesondere an Wochenenden führen. Das Verkehrsgutachten nimmt ferner bei den geplanten Einfamilienhäusern mit einer durchschnittlichen Wohnfläche von 250 qm eine Haushaltsgröße von nur 2,4 Personen an; tatsächlich werden deutlich mehr Personen pro Haus ein wesentlich höheres Verkehrsaufkommen als prognostiziert erwarten lassen.
Die verkehrliche Erschließung der geplanten Wohnbebauung und des verlagerten Reitbetriebs ist weiterhin ungeklärt.

Gemäß den Vorgaben des Klimaschutzgesetzes ist bei künftigen Bauvorhaben die Energieversorgung in den Blick zu nehmen. Die Stadtregierung hat angekündigt, sich an allen Fronten verstärkt für den Klimaschutz einzusetzen, insbesondere den Ausbau der Energieversorgung ohne fossile Brennstoffe voranzutreiben. In dem B-Plan wird die Einrichtung von Photovoltaik auf den Dächern der geplanten Bauwerke (Häuser, Stallungen, Reithallen) nicht festgelegt.

Der städtebauliche Vertrag, der die Kostentragung für die Planung, Gutachten und Infrastruktur regeln soll, ist vor der Entscheidung über den B-Plan offenzulegen.

Alle Projekte der Stadtplanungs- und Wohnbaupolitik sind hinsichtlich ihrer Klimarelevanz auf den Prüfstand zu stellen! Der B-Plan 238 „Siedlungslehrhof“ ist mit den gesetzlich festgelegten Klimazielen nicht in Einklang zu bringen – es darf keine Ausnahmen für Niemanden geben!

Der Klimaschutzbeirat in Oberursel ist in die Beratung über den B-Plan 238 „Siedlungslehrhof“ sofort einzubinden und soll eine Stellungnahme zur Klimaverträglichkeit ausarbeiten. Ohne die Expertise des Klimaschutzbeirats darf künftig kein Projekt in ein B-Plan Verfahren geführt werden.

Die Klimapolitik ist eine zentrale Aufgabe für die Sicherung unserer Zukunft. Der Klimaschutz muss absolute Priorität haben. Es darf nicht bei Lippenbekenntnissen und Absichtserklärungen bleiben. Untätigkeit ist unverantwortlich.
Das seit Jahren ungebremste Wachstum der Stadt Oberursel hat zur Versiegelung großer Flächen geführt. Regenwasser kann nicht mehr versickern, sondern fließt in die Kanalisation. Starkregen führt zu Überflutungen. Das Grundwasser sinkt stetig weiter ab. Menschen, Natur und Landwirtschaft sind die Leidtragenden. In der Zukunft wird die Wasserversorgung nicht nur für Oberursel ein großes Problem.

Nur durch eine mit konkreten Maßnahmen unterlegte Klima-Strategie wird die Stadt ihrer Mitverantwortung zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels gerecht – Parks und Grünanlagen zu grünen Spangen verknüpfen, neue Bäume pflanzen, abgestorbene Bäume ersetzen, Solaranlagen auf öffentlichen Gebäuden und nicht genutzten Freiflächen errichten, Photovoltaikanlagen auf privaten Anwesen massiv fördern. Das Radwegenetz in der Stadt ausbauen, den Bau von Radschnellwegen nach Frankfurt und in die Region vorantreiben. Es gibt viel zu tun.

Mit freundlichen Grüße

Wolfgang Schaupensteiner

Heinrich-Kappus-Weg 13
61440 Oberursel

Kommentar verfassen

Pflichtfelder sind mit * markiert.